Im Reich der Frau Holle

Annette Rath-Beckmann
Historikerin | Matriarchatsforscherin

Der 'Grüne Mann' als Verkörperung
des Vegetationsjahres

 
Die jungsteinzeitliche Vorstellung vom männlichen Partner der Göttin, der sie durch ihr magisches Jahr begleitete, manifestierte sich in der engen Verbindung dieses Heros mit der Natur, mit Werden, Wachsen, Vergehen und erneutem Wachsen. Als kleiner Lichtfunke zur Wintersonnenwende geboren, wuchs der männliche Partner mit dem zunehmenden Licht, wurde vom Sohn zum strahlenden Gefährten in der Zeit des Wachstums in der Natur, bevor er im Übergang zur dunklen Zeit im Herbst 'gen Westen segelte', d.h. dass er wie alles andere in der Natur starb, bevor er zur Wintersonnenwende, in der Mutternacht, neu geboren wurde. Dieser Partner wird in unserem Kulturkreis oftmals als Herr des Waldes mit Hirschgeweih und/oder einer Bekleidung aus Moosen und Flechten oder als immergrüner Baum dargestellt. Der Wacholdermann, der zuweilen die Wanderer des Geo-Naturparks Holle-Land begleitet, könnte als Verkörperung dieses 'Grünen Mannes' aufgefasst werden.
Eine Abbildung des 'Grünen Mannes' befindet sich auf einem Steinrelief über dem Eingangsportal der Kirche in Waldkappel.

In den drei Vogtei-Dörfern Niederdorla, Oberdorla und Langula bei Mühlhausen in Thüringen gibt es bis heute zu Pfingsten den Brauch, dass die Figur des 'Schoßmeiers' oder 'Schößmeiers' in einem Umzug zu Fuß oder auf einem Pferdewagen durch das Dorf geführt wird. Es handelt sich um eine mit grünen 'Schößlingen' geschmückte Person, teilweise auch mit Strohaufbauten übermannshoch vergrößert, die den Neubeginn, die lebendige Natur im Frühjahr smbolysiert.

In einigen angrenzenden Süd-Eichsfelder Dörfern wurde ein mit Stroh verkleideter Bär durch das Dorf geführt.

Vinzenz Hoppe schreibt hier:

"Wir lesen darüber in Thüringen und Harz (1841) bereits folgende Schilderung:

So war es sonst und ist es noch jetzt gebräuchlich, in
Oberdorla den dritten und in den beiden anderen Dörfern
(gemeint sind Niederdorla und Langula) den zweiten
Pfingsttag ein mannshohes, zuckerhutförmiges Gehäuse zu verfertigen, darunter einen Mann auf ein Pferd zu setzen
und diese Figur unter dem Freudengeschrei der begleitenden
Knaben durch das Dorf zu führen. Diese abenteuerliche Figur
nennt man den Schoßmeier. Er wurde früher aus Stroh
geflochten und nach beendigtem Umzuge außerhalb des
Dorfes verbrannt ... Der Mann auf dem Pferd ist in der Neuzeit (gemeint ist hier die neuere Zeit des 20. Jahrhunderts) ersetzt worden durch ein Faß oder Gestell, um das der Zweig- und Laubkegel, der Grünemann (Schoßmeier) gewunden wird.“

vgl. www.eichsfeld-archiv.de: Das Südeichsfeld damals und heute – Archiv des Heimat-Studios; Artikel von Vinzenz Hoppe: Pfingstbrauchtum im Eichsfelder und Vogteier Gebiet, 1986 

vgl. auch Photos mit Bildunterschrift im Museum Opfermoor Vogtei, www.museumsverband-thueringen.de






































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